Die Maßnahmen zur Untersagung der öffentlichen, einschließlich der religiösen Versammlungen in Bayern, besonders in der Stadt München, sind bis zum 19. April gültig, werden aber wahrscheinlich noch verlängert werden. Diese Lage betrifft - mehr oder weniger - uns alle. Die Kirche, als sozial menschliche Gemeinschaft, wird durch diese Einschränkungen ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen.
Die Teilnahme der Gläubigen an den Gottesdiensten ist untersagt, die unmittelbaren, von Angesicht zu Angesicht stattfindenden Begegnungen sollen auf ein striktes Mindestmaß reduziert werden, damit die Verbreitung des Virus und die Erkrankung oder sogar der Tod unserer alten und gebrechlichen Mitmenschen unterbunden wird. Wir Kleriker können jenen, für die wir beten, nicht mehr physisch nahe sein. Wir möchten Ihnen in dieser unsicheren Zeit, in Demut, geistigen Beistand leisten und sie in diesen schweren entscheidenden Augenblicken begleiten.
All diese Verbote und der sich daraus ergebene Tatbestand beeinträchtigen und schmerzen uns als Kleriker und Laien sehr. Es nähert sich die Karwoche und das Hochfest der Auferstehung, und wir sind mit Gegebenheiten konfrontiert, die man drei Jahrzehnte nach dem Fall des Kommunismus nicht mehr für möglich gehalten hätte. Diesmal ist der Grund dieser Untersagung aber nicht etwa ein Glaubensverbot, sondern die Solidarität im Angesicht einer allgemeinen Gefahr, der Vorbeugung einer rasanten Verbreitung der Krankheit, der Hilfe für die Kranken oder all jener die gegen die Krankheit ankämpfen.
In der kommenden Zeit müssen wir die heiligen Gottesdienste ohne Gläubige feiern. Wir werden das Hochfest der Auferstehung in Abwesenheit jener zelebrieren, deren Gegenwart dem großartigen Zuruf „Christus ist auferstanden!“ seinen tiefen Sinn verleiht. Die Gläubigen sollten bezeugen, dass Christus „wahrhaft auferstanden“ ist. Auch die Vorbereitung für das Heilige Osterfest, also die Beichte und die Heilige Kommunion finden in diesem Jahr auf eine andere Art statt. Wir berücksichtigen das Vorgehen der Obrigkeit und müssen die Vorbereitungen deshalb anders gestalten, damit diese Maßnahmen nicht missachtet werden. Wir hoffen dass diese Vorgaben eine Verbesserung bewirken, damit auch wir durch unser Verhalten zum Allgemeinwohl beitragen können. Das bedeutet konkret dass alle Beichttermine, Taufen, Hausweihen, alle Begegnungen die eine physische Nähe voraussetzen, bis nach Ostern verschoben werden – also bis zu einer Entspannung der Lage, bis zu einer Aufhebung der aktuellen Verbote durch die Obrigkeit.
Liebe Gläubige, unter diesen Voraussetzungen ermahne ich Euch, den Hirten Eurer Pfarreien beizustehen; verlangt nicht von ihnen das Gesetz zu übertreten, seid miteinander solidarisch. Helft ihnen, damit diese für jene Mitmenschen, die sich in einer sehr schweren, außergewöhnlichen Lage befinden, zur Verfügung stehen zu können. Beschützt und hilft Euch gegenseitig. Weiterhin ermahne ich Euch, in der Karwoche über die Einsamkeit des Erlösers Jesus Christus in Angesicht Seiner aus Liebe zu uns angenommenen Leiden und Seines Todes zu meditieren. Weiterhin empfehle ich Euch am Hochfest der Auferstehung darüber nachzudenken, wie sich die Jünger des Erlösers die Auferstehung vergegenwärtigten: zuerst in Todesangst und voller Verzweiflung, dann folgte Angst, Misstrauen, Zweifel, dann aber immer mehr Vertrauen und Hoffnung. Und schließlich folgte die Begegnung mit dem auferstandenen Christus, der auf sie zukam und sagte: „Fürchtet Euch nicht!“, „Friede sei mit Euch!“, „Freuet Euch!“
Hochwürdige Väter, als Pfarrer eurer Gemeinde, wendet euch bitte an die Gläubigen und verweist auf jene Textstellen der Heiligen Schrift, ganz besonders aus dem Neuen Testament, die sich auf die Ereignisse der Erlösungsgeschichte beziehen, die für uns in nächster Zeit erneut vergegenwärtigt wird. Diese Texte aus der Heiligen Schrift, als auch die liturgischen Texte der jeweiligen Gottesdienste dieses Zeitraumes sollen von den Gläubigen gelesen werden. Dadurch verstehen wir alle noch tiefer das Ereignis und die Botschaft der Auferstehung unseres Herrn, wir leben in Bezug zur Auferstehung Christi, in Bezug zu unserer aller Auferstehung.
Nach der Beendung der Pandemie feiern wir zusammen die Heilige Liturgie, die für uns zu einem Pascha der Freude wird. Bis dahin wünsche ich Euch Geduld, Gesundheit, Frieden, Vertrauen und Hoffnung in den auferstandenen Christus!
Erhebet die Herzen!
Bischof Sofian