Interview mit dem Hochgeweihten Vater Sofian von Kronstadt, Weihbischof der Rumänischen Orthodoxen Diözese für Deutschland, Österreich und Luxemburg, geführt von Alexandra Ștefan und veröffentlicht in der Zeitschrift Deisis Nr. 31/2024, p. 53-64.
Eure Exzellenz, 2024 wird es 30 Jahre her sein, dass die Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa gegründet worden ist. Wie war der Anfang der Metropolie?
Ja, Alexandra, eine Zeitspanne, die schnell vergangen ist und in der die Ereignisse, die vor 30 Jahren stattgefunden haben, einen historischen Stellenwert bekommen haben. Sie wurden durch die spätere Entwicklung bestätigt, manche durch sich selbst bedingt, manche durch die Göttliche Vorsehung. Am 5. Juni 1994 wurde Seine Eminenz Dr. Serafim Joanta als Metropolit der neugegründeten Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa eingesetzt. Das fand in der St. Lukas Kirche in München statt, in einer beeindruckenden Zeremonie und einer Atmosphäre voll von Hoffnung und Emotionen. Die Ereignisse von Dezember 1990 beendeten die lange Periode der kommunistisch-atheistischen Unterdrückung, in der das rumänische Volk systematisch gespalten wurde. Nach ein paar Jahren der Suche, der Debatten und Abwägungen mit dem Wunsch der Vereinigung der orthodoxen Rumänen in einer kirchlichen Struktur, zwischen 1990-1993, wurde durch die Gründung dieser Metropolie ein Anfang gemacht, der aus vielen Blickwinkeln absolut neu war. Einerseits wurden sehr viele Hoffnungen geweckt, andererseits waren die Anfangsmöglichkeiten überaus bescheiden, weil der Metropolie jegliche notwendige Infrastruktur fehlte, um als Institution zu funktionieren. Alle Leistungen wurden nur möglich durch die außergewöhnliche, persönliche Opferbereitschaft SE Dr. Serafim Joanta, seiner Mitarbeiter und der wenigen Priester, auf die sich die Institution stützte.
Könnten Sie uns kurz die Entwicklung der rumänischen Kirchengemeinden in Deutschland und Österreich von der Gründung der Metropolie bis heute beschreiben? Wie viele Rumänen leben aktuell in unserer Metropolie?
Wer sich heute unsere Metropolie als Institution und die Lage der Rumänen in den Ländern unter ihrer Jurisdiktion betrachtet, kann sich fast nicht vorstellen, wie anders die Anfangszeit war. Es gab damals insgesamt circa 100.000 orthodoxe Rumänen in Deutschland, Österreich, Luxemburg, Schweden, Dänemark und Norwegen und rund 15 Kirchengemeinden. Heute dagegen umfasst durch Gottes Hilfe unsere Metropolie eine Erzdiözese für Deutschland, Österreich und Luxemburg und eine zweite Diözese für die Ländern Nordeuropas, Schweden, Dänemark und Norwegen. Die Zahl der Gläubigen ist rasant gestiegen, sie übersteigt 1 Million Rumänen in Deutschland und 100.000 in Österreich. Aktuell zählt unsere Erzdiözese circa 200 Kirchengemeinden, obwohl sie nicht in allen Städten, wo Rumänen leben, anwesend sein kann. Zurzeit sind die Kirchengemeinden in neun Dekanate in Deutschland zusammen mit Luxemburg und vier Dekanate in Österreich geordnet.
An der Schwelle zu diesem schönen 30-järigen Jubiläum der Metropolie freuen wir uns für die Erfolge, die zu erleben Gott uns geholfen hat. Die Anfänge jeder orthodoxen Gemeinde sind schwer, gekennzeichnet von einer apostolischer Mission im wahrsten Sinne des Wortes. Aber der Eifer und die Arbeit der Priester, gestützt von ihren Ehefrauen hört nicht auf, ihre Früchte zu tragen.
Das ist wahr. Meiner Meinung nach existieren unsere Kirchengemeinden vor allem wegen der Opferbereitschaft der Gemeindepriester und ihrer Familien, besonders der Priesterfrauen und oft deren Kinder. Die meisten unseren Priester arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, und den priesterliche Dienst erfüllen sie meistens am Wochenende, wenn andere Menschen sich erholen oder sich um ihre Familien kümmern. Die Priesterfrau beteiligt sich an der Tätigkeit des Priesters, entsprechend ihren Kenntnissen und Fähigkeiten, meistens in der Organisation und Durchführung der katechetischen Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen, in sozial-karitativen Tätigkeiten, im Frauenkomitee. Sie trägt oft ein Teil der seelischen Schwierigkeiten neben ihrem Ehemann, dem Priester, weil Frauen sich ihr, als Frau, leichter anvertrauen. Auch die Kinder der Priesterfamilien sind oft involviert in all dem, besonders dort, wo der Weg zur Kirche weit ist. Das ist häufig der Fall. Dieses Opfer ist die Basis des liturgisch-pastoralen und karitativen Dienstes, sowie aller Veranstaltungen und Aktivitäten der Kirchengemeinden und der Metropolie. Das gilt auch für den Aufbau oder den Kauf von Gotteshäusern. Alle Erfolge und Leistungen sind praktisch die Frucht des Glaubens, der Arbeit und der Opferbereitschaft dieser Priester und ihrer Familien. Sicher sind sie überall unterstützt von einer größeren oder kleineren Gruppe von im Herzen verbundenen Gläubigen. Aber sie sind eben die, die der Gemeinde vorstehen.
Können Sie uns einige bedeutende Leistungen der Kirchengemeinden unserer Metropolie in dieser Zeit benennen?
Gerne: Das war die Gründung zweier Strukturen im Jahr 2007, auf Vorschlag Seiner Seligkeit des Patriarchen Daniel: die Erzdiözese für Deutschland, Österreich und Luxemburg und die Diözese für Nordeuropa. Seine Seligkeit Patriarch Daniel hatte diese institutionell-organisatorische Entwicklung angeregt, entsprechend der steigenden Zahl der Rumänen in allen Ländern unserer Metropolie, wie auch der Zunahme der Kirchengemeinden.
Bemerkenswert ist aber die Gründung jeder einzelnen der Kirchengemeinden. Sie kann uns normal erscheinen, wenn man die aktuelle Situation mit dem „Hintergrund“ der Orthodoxie aus der Heimat betrachtet. Wir müssen aber, einerseits, die Schwierigkeiten der Entstehung jeder Kirchengemeinde berücksichtigen: die Notwendigkeit einen passenden Priester zu finden, der zusammen mit seiner Familie kommen und in der Kirchengemeinde oder in ihrer Nähe leben kann, ein Gebäude für die Gottesdienste zu finden, eine Gruppe von Gläubigen, die dem Priester helfen, um die Kirchengemeinde zu gründen, dazu noch die zu deckenden Unkosten. Andererseits sollen wir bedenken, welch große Bedeutung für die Gläubigen die Tatsache hat, einen Priester zu haben, eine kirchliche Gemeinschaft bilden zu können, eine eigene Kirche als Bau für die Gemeinde zu haben. Dies gibt einer Gemeinde mit Ihrem Gemeinschaftsleben Identität und unterstützt sie, diese Identität zu stärken. Dadurch können wir die Schwierigkeiten, aber auch den besonderen Wert der Existenz jeder Kirchengemeinde verstehen. Wir können behaupten, ohne anmaßend zu sein, dass die Rumänen im Westen durch die Kirche die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Existenz und das Selbstbewusstsein erhalten, die hier in der Diaspora so notwendig sind. Ohne sie sind die Menschen auf sich allein gestellt und werden von der sozialen Gruppe, in der sie leben, assimiliert. Durch ihre Zugehörigkeit zu einer Kirchengemeinde und die Möglichkeit, ihre Identität in dieser Gemeinschaft mit geistlichen Zielen zu bekräftigen und aufrechtzuerhalten, finden die Gläubigen durch die Kirche einen Sinn für ihr Dasein, der über ihre kleinen, unmittelbaren, privaten Interessen hinausgeht, der sie stärkt und mit Leben erfüllt. Das mehrt ihre Kräfte und erfüllt sie mit Leben. Zusammengefasst können wir sagen, dass die Gründung jeder Kirchengemeinde, dort wo sie notwendig ist, eine hervorragende Leistung ist. Auf einem höheren Level würde ich die Beschaffung, den Kauf oder Bau von Gotteshäusern sehen. Außergewöhnlich ist es, wenn es uns gelingt, Kirchen zu bauen, die Ausdruck unserer orthodoxen Tradition sind, in denen die Kinder, die hier geboren werden und aufwachsen, die Orthodoxie kennenlernen und erleben können, deren Ausdruck im Gottesdienst, in der Architektur, in der Malerei, einfach in allem sich findet, was eine Kirche bedeutet, in der die gesamte Gemeinde sich versammelt, um Gott zu loben und zu preisen. Viele orthodoxe Kirchen sind deshalb sehr wichtig, nicht nur für das Selbstbewusstsein und die Selbstachtung der hier lebenden orthodoxen Rumänen und die Wahrnehmung der orthodoxen Lebensweise der Kinder in der Gemeinde, sondern auch für die Wahrnehmung der Orthodoxie in der Gesellschaft, in deren Mitte wir leben.
Ich möchte hier unbedingt noch die vier Besuche Ihrer Seligkeiten der Patriarchen Teoctist und Daniel erwähnen. Seine Seligkeit Patriarch Teoctist – ewiges Gedenken – war in Deutschland im Jahr 2003, in Nürnberg, als ich die Ehre hatte, von ihm zum Bischof geweiht zu werden, sowie in Jahr 2006, als er den Grundstein für die Kirche in Berlin gelegt und die Kathedrale in Nürnberg geweiht hat. Seine Seligkeit Patriarch Daniel ist im Jahr 2009 nach Österreich gekommen, um die Kirchen in Salzburg und Wien (die erste unserer Kirchen in Wien, Hl. Apostel Andreas) zu weihen. Im Jahr 2011 ist er wieder nach Deutschland gekommen, nach München, um den Grundstein für unser Kirchenzentrum zu legen. Diese Besuche unserer Patriarchen, umgeben von Abordnungen von hohen Hierarchen unserer Kirche und anderen Klerikern und wichtigen Persönlichkeiten waren wahrhaftige Zeugnisse des orthodoxen Glaubens und Lebens. Sie hatten eine große Bedeutung für unsere Gemeinden und haben die Menschen zur Einheit des Glaubens, des Denkens und des Fühlens als Rumänen ermutigt. Diese Besuche haben unsere rumänischen Gemeinden sichtbar gemacht durch die Teilnahme vieler kirchlicher und ziviler Autoritäten, durch die engere Verbindung der Zusammenarbeit und auch durch die mediale Übertragung und Veröffentlichung der Festlichkeiten.
Neben dem Metropolitan Zentrum in Nürnberg, wurde in den letzten Jahren das Kirchenzentrum in München errichtet. Sie waren sein Initiator und haben sich mit der ganzen Energie für den Bau involviert. Wie war der Anfang des Projekts?
In den `90 Jahren wohnte unser Metropolit Serafim als Gast im Ostkirchlichen Institut in Regensburg, dann, im Jahr 2000 gelang der Kauf einer ehemaligen evangelischer Kirche und zweier benachbarten Immobilien, in Nürnberg, wo der Sitz der Metropolie eingerichtet wurde. Es war ein sehr großer Schritt, wenn man die bescheidenen Bedingungen bedenkt. Die Entscheidung für den Sitz der Metropolie in Nürnberg wurde den Umständen entsprechen getroffen, nach den vorhandenen Möglichkeiten. Es hat sich aber herausgestellt, dass es sehr vorteilhaft war durch die zentrale Lage, gegenüber der überall auf dem Gebiet der Metropolie verteilten Kirchengemeinden.
Nach meiner Weihe als Vikar-Bischof der Metropolie im Jahr 2003, stellte sich die Frage meiner Mission und Residenz. Weil die Stadt München sehr wichtig war, als Hauptstadt Bayerns und bezüglich der Größe der rumänisch-orthodoxen Gemeinde, wurde mein Sitz mit dem 1. Dezember 2004 in dieser Stadt etabliert. Eine dazugehörende Aufgabe war die Beschaffung einer Kirche oder sogar eines Klosters für die liturgisch-pastoralen und geistlichen Bedürfnisse unserer Gläubigen. Nach langer Suche ohne Erfolg, bin ich zum Entschluss gekommen, ein Grundstück für den Bau einer Kirche samt einem Gemeindezentrum und einem Kloster als bischöflicher Residenz zu kaufen. Der Grundstein wurde von Seiner Seligkeit Patriarch Daniel am 11. September 2011 gelegt, wie gesagt, im Rahmen einer schönen Zeremonie, mit Beteiligung von Priestern und Gläubigen aus der gesamten Metropolie, aus Rumänien und von anderswo. Nach mehreren Jahren von Planung und Vorbereitung haben die Arbeiten im November 2017 begonnen. Im Jahr 2021, umgezogen im neuen Kirchenzentrum, konnten wir zur Feier der Mariä Himmelsfahrt die Feier der Heiligen Gottesdienste im Untergeschoss der Kirche, im Kreuzsaal anfangen. Letztes Jahr, am 11. September 2022 haben wir auch die Weihe des Altars im Kreuzsaal gefeiert. Die Zeremonie wurde von SE Metropolit Serafim geleitet, präsent war auch Seine Exzellenz Macarie, der Bischof von Nordeuropa.
Welche sind die wichtigsten Aufgaben dieses Kirchenzentrums für die rumänische Orthodoxie?
Das Kirchenzentrum wurde geplant und gebaut als eine Antwort auf die Bedürfnisse der immer zahlreicherer rumänischer Gemeinden in München und Bayern, wie auch im übrigen Deutschland und in Österreich. Es soll, hauptsächlich für die rumänischen Gläubigen, immer stärker ein „Zuhause weit von Zuhause“ sein, aber auch eine spirituelle Botschaft der Orthodoxie und der rumänischen Kultur in diesen Gefilden. Die Hauptaufgabe des Zentrums erfüllt selbstverständlich die Kirche, in der die Zahl der Teilnehmer am Gebet kontinuierlich wächst. Was die sozial-gemeinschaftlichen Bedürfnisse betrifft, so werden diese in erster Linie durch das Gemeindezentrum abgedeckt, in dem wir Räume für verschiedene religiös-kulturelle Aktivitäten, eine Bibliothek, einen Kirchenladen sowie einige Unterkünfte haben. Die Sehnsucht nach einem intensiveren geistlichen Leben wird durch das Kloster des Kirchenzentrums gestillt. Wir alle wissen um den segensreichen und inspirierenden Einfluss der Klöster auf die Gläubigen in unserem Land und anderswo. Die Mönche und die Nonnen leben deutlich stärker die Sehnsucht nach Gott; sie haben Gott als Zentrum ihres Lebens. Gott zu ehren und ihm zu dienen, das bedeutet den Mittelpunkt, den Sinn und die Grundlage ihrer Existenz. Für den heutigen, oft egozentrischen und selbstsüchtigen Menschen bedeutet die theozentrische und dienende Perspektive, die das Mönchtum bietet, einen rettenden Perspektivwechsel.
Im Münchner Kirchenzentrum befindet sich auch das Kloster Hl. Siluan. Wie ist die klösterliche Gemeinschaft, und welche sind ihre geistlichen und missionarischen Prioritäten?
Die „Klösterliche Einrichtung Hl. Siluan“, die im November 2006, nach unserer Ankunft in München gegründet worden ist, wurde am 31. Januar 2023 in den Rang eines Klosters erhoben, nachdem neue Bedingungen nach der Bau-Fertigstellung und der Inbetriebnahme der Räumlichkeiten im Kirchenzentrum geschaffen wurden. Nach wie vor bleibt der Heilige Siluan vom Berg Athos als Patron. Er wurde 2006 als Schutzheiliger ausgewählt und auch jetzt bestätigt wegen seiner Art, Gott näher zu kommen. Der Weg des Hl. Siluan, niedergeschrieben in seinen Schriften, die Weise seines geistlichen Aufstieges sowie seines Gebets für „die Rettung aller Menschen und aller Völker der Erde“, ist heutzutage und unter den gegenwärtigen Lebensbedingungen sehr aktuell.
Eines Tages sagte ein Klostervorsteher einem Kandidaten zum Mönchstum in seinem Kloster: „Jetzt bist du ein Mönch geworden; es bleibt noch, dass du ein anständiger Mensch wirst…“. Vielleicht ist das eine der wichtigsten Leistungen, die wir zu verwirklichen gerufen sind, auch wenn sie meistens nicht beachtet wird. Durch den Glauben und die Beziehung zu Gott werden wir geschliffen. Wir verschönern unsere eigene Humanität, um bessere Menschen zu werden, die in brüderlicher und freudiger Liebe in Gemeinschaft leben. Das ist eine so einfache Sache, die leider so selten und so schwer gelebt wird.
Einen besonderen Akzent legen wir auf das Praktizieren des „Jesus-Gebets“, das wir sowohl persönlich als auch zusammen mit den Gläubigen jeden Mittwoch in der Kirche beten, nach dem Beispiel vom Kloster in Essex beim London und vom unserem Metropolitan-Zentrum in Nürnberg, selbstverständlich nach dem Beispiel des Hl. Sofronie von Sararov, dem geistlichen Schüler des Hl. Siluan. Sicher praktizieren wir das „Jesus-Gebet“ nach der Art und Weise, wie ich es persönlich vom Vater Teofil Paraian vom Kloster Brancoveanu bei Sambata de Sus gelernt habe, dass er wiederum vom Vater Arsenie Boca übernommen hat. Und zwar, zwischen zwei Atemzüge sagen wir das Wort „Herr“, mit dem Einatmen „Jesus Christus, Sohn Gottes“ und mit der Ausatmung „rette mich, den Sünder“. Diese Verbindung hat den Sinn, das Gebet mit der Atmung zu vereinen, damit die Atmung uns an das Gebet erinnern soll, wie ein Mönch vom Hl. Berg Athos sagte. „An Gott sollst du denken, wie an Gott, und du sollst Gott atmen, wie du die Luft atmest!“
Zusammenfassend würde ich sagen, dass unser Kloster aufgerufen ist, vor allem eine Oase des Gebets zu sein in der heutigen spirituellen Wüste, ein Ort des Dialogs und des Zusammentreffens mit Gott, zuallererst für uns, die Klostergemeinde, aber auch für alle Menschen, die mit diesem Durst und der Sehnsucht nach Tröstung kommen. Das Kloster ist auch ein Zeugnis der rumänischen, christlich-orthodoxen und klösterlichen Tradition, und wenn man ihm begegnet, spürt man die ganze geistige Kraft dieser Tradition, von der es zeugt.
Im Jahr 2023 fand im Kloster die monastische Tonsur der Mutter Elisabeta, ein bewegender Moment nicht nur als Bedeutung an sich, sondern auch wegen dessen Wartes in Demut und Hoffnung. Auch die erste Äbtissin des Klosters wurde eingesetzt, die Mutter Onufria Zbarcea. Können Sie uns ein paar Worte über die Bedeutung dieser Ereignisse sagen?
Tatsächlich fand dieses Jahr im Anschluss auf die Vesper zum Fest der Maria Verkündigung die erste monastische Tonsur in unserem Kloster, zelebriert von SE Metropolit Serafim, statt. Es ist die Mutter Elisabeta, die mit monastischer Geduld auf dieses Moment seit 2005, seit sie in die Gemeinschaft kam, gewartet hat. Wir wünschten uns zuerst das Kloster auch als Ort zu haben und erst dann die Tonsur vorzunehmen. Wir haben diesen Moment lange vorher ausgewählt, auch um die Mutter Elisabeta unter dem Schutz der Mutter Gottes zu setzen, die besonders die beschützt, die ihr Leben Gott widmen. Da wir in enger Verbindung mit der Kirchengemeinde leben, haben wir es veranlasst, dass dieses Ereignis von der gesamten Kirchengemeinde erlebt werden kann. Darum wurde die angehende Mutter, auf den Weg zum Altar, von weiß bekleideten Mädchen mit brennenden Kerzen in den Händen begleitet. So wurde auch die Mutter Gottes, die Jungfrau Maria, begleitet, als sie zum Tempel ging, um Gott zu dienen.
Am nächsten Tag, am Fest Mariä Verkündigung, im Rahmen der Hl. Liturgie, weihte und setzte SE Metropolit Serafim die Mutter Onufria als Äbtissin ein. Aktuell leben in der klösterlichen Gemeinschaft drei Klosterfrauen, die Mutter Äbtissin Onufria, die Mutter Elisabeta und, seit letztem Jahr, auch die Mutter Paisia. Alle diese Ereignisse haben eine historische Bedeutung, sind Grundsteine für ein geistliches Werden, und wir versuchen sie auf den Weg unserer Tradition zu lenken. Mutter Onufria ist die erste Äbtissin des Klosters, die Vorsteherin unserer Klosterfrauen, und wir hoffen, dass sie die erste in einer langen Reihe sein wird, die lange fortdauern und mit Gottes Hilfe sich zu einer hohen geistlichen Größe erheben wird. Die Gründung klösterlichen Gemeinschaften hier hat für das geistliche Leben der Gläubigen eine determinierende Bedeutung. Wir können das besser verstehen, wenn wir betrachten, was die Klöster bei uns Zuhause für die Gläubigen in ihrer Nähe und für die Pilger bedeuten, für die Kirche und für die Nation.
Im Jahr 2023 haben Sie auch das 20. Jubiläum als Weihbischof in Deutschland gefeiert. Erlauben Sie mir bitte eine Frage, derer Antwort wahrscheinlich in der Tiefe Ihrer Seele liegt… Wie haben Sie diese 20-jährige Aktivität als Weihbischof im Dienst der Erzdiözese für Deutschland, Österreich und Luxemburg empfunden?
Auch ich war zunächst überrascht, dass so viele Jahre seit meiner Bischofsweihe 2003 durch Seine Seligkeit Patriarchen Teoctist – ewiges Gedenken – vergangen sind. Ich kann es kaum glauben. Wenn man aber bedenkt, wie beschäftigt ich besonders in den letzten Jahren war, nicht nur mit den Anstrengungen für den Bau des Kirchenzentrums wie mit den liturgisch-pastoralen Aktivitäten in unserer Gemeinde in München, sondern auch mit den pastoralen Besuchen in unseren Kirchengemeinden und mit anderen Aufgaben eines Bischofs, muss man sich nicht wundern, dass die Jahre wie im Flug vergangen sind. Das Dienen eines Bischofs spiegelt sich äußerst treffend im Symbol der bischöflichen Mitra: sie verleiht hohe Ehre und bringt viel Freude, aber gleichzeitig steht sie auch für schmerzhafte Erfahrungen. Aber wie wir alle wissen, kann man in jedem Bereich nur dann die Arbeit vollenden, wenn man die Mühen auf sich nimmt, die die Aufgaben eines Bischofs mit sich bringen. Der bischöfliche und priesterliche Dienst ist ein Dienst des Höchsten, eine Anstrengung, um das Gute zu vermehren, um die Menschen aufzurichten und ihnen zu helfen, mit der Aussicht auf das ewige Leben. Diese Attribute verleihen diesem Dienst Sinn und Schönheit. Gott wird uns die Weisheit und die Kraft geben, damit wir uns den Schwierigkeiten stellen und den Sinn und die Bedeutung unserer Aufgabe im Blick behalten. Wenn wir dies erfüllen, leben und arbeiten wir im Bereich des Guten, dass das Böse besiegt, wie der Hl. Apostel Paulus sagte: „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!“ (Röm. 12,21).
Sie erwähnten vorher den Vater Teofil Paraian, der viele Menschen um sich vereint hat. Welche seiner Ratschläge hat Ihnen in Ihrer Mission geholfen, eine rumänische Gemeinde zu gründen auf dem weiten Flur unserer orthodoxen Diaspora?
Vater Teofil half und hilft mir weiter, viel mehr als ich es begreifen kann, weil er ein Titan des Geistes war, ein lebendes Beispiel für die Hingabe an Gott und an die Menschen. In der Antwort möchte ich drei Aspekte nennen: 1. Der Glaube des Vaters Teofil, sein Vermögen, alle Geschehnisse in Verbindung Gott zu stellen, sein völliges Vertrauen auf Seine liebevolle, schützende und leitende Fürsorge 2. Die Ernsthaftigkeit und Konsequenz in allen Handlungen und 3. Die lebendige Beziehung mit unserem Herrn Jesus Christus, die das Prüfen aller Gedanken, Worte und Taten in Bezug auf Gott beinhaltet. Dieser letzte Punkt befreit uns von der Routine, von der Selbstzufriedenheit durch die Erfüllung bestimmter Formen unserer Handlungen im Glauben, vom Formalismus. Es führt einen dazu, dass man das, was man tut, wirklich lebt. Noch etwas sehr Wichtiges, aber charakteristisch für ihn: die Wahrnehmung Gottes als Vater, der uns liebt, uns zu Ihm ruft, uns hilft, uns stützt, uns beschützt und uns sogar anlächelt… Es zu wissen, dass Gott uns liebt, bringt uns wahrhaftig näher zu Ihm, und unsere Nächstenliebe bringt die Menschen uns und einander näher.
Das Tempo und das Ausmaß des Lebens in Diaspora sind andere, als wir es von Zuhause gewohnt sind. Oft werden wir gefragt, auf welche Unterschiede wir hier stoßen. Was ist neu am orthodoxen Leben in Deutschland im Vergleich zu dem, was wir in Rumänien gewohnt waren?
Zunächst ist die Realität des Lebens in einem fremden Land neu. Der Mensch verlässt sein Zuhause, nimmt sein Leben in seine Hände und steht den Herausforderungen gegenüber. Das weist ihn oft auf die Realität des Lebens hin, weil man in der Diaspora nicht mehr die Unterstützung der Familie, des sozialen Umfelds oder anderer vertrauter Strukturen hat. Man lernt unvermittelt die Wirklichkeit des Landes, in das man emigriert ist, kennen. Die Illusionen verlieren sich, und dann stellt sich der Mensch intensiver die Frage seiner Identität, seines Sinns und seiner Aufgaben in dieser Welt. Auf diese Weise fangen viele Menschen an, die in Rumänien nicht gläubig und keine Kirchengänger waren, genau das zu tun. Wenn sie eine passende Antwort finden, entwickeln sie eine tiefe Beziehung zu Gott und werden ernsthafte Mitglieder der Kirchengemeinden. Ein anderes, neues Element hier ist die Sehnsucht nach der Heimat und der Familie. Viele Menschen werden Kirchengänger, weil sie wissen, dass sie hier Rumänen finden und dadurch diese Sehnsucht stillen können. Durch die Nähe mit schönen, gläubigen Menschen verstehen auch sie die Vorteile des Glaubens und stellen sich die Frage ihrer Beziehung zu Gott, um sich selbst zu finden. Diese Situationen veranlassen uns Klerikern, anders zu sein, sie formen uns in irgend einer Weise. Sie bewegen uns, warmherziger zu werden und holen uns aus unserer Komfortzone raus, aus einer institutionellen Starre. Sie bringen uns näher an die Menschen. Wir verstehen, dass die Rettung ein Werk der Liebe ist, das mit Liebe verwirklicht wird. Ich möchte noch die Beharrlichkeit SE Metropolit Serafim und auch meine eigene erwähnen, in unserem Wunsch, die Göttliche Liturgie mit der größtmöglichen Beteiligung der Teilnehmer zu feiern, mit dem möglichst häufigen Empfang der Heiligen Geheimnisse durch die Gläubigen, dann vermittelt sich, wenn auch die Gebete laut laut und mit schöner Intonation gelesen werden, der tiefe und heilsame Inhalt der Göttlichen Liturgie. Wenn wir all diese Aspekte berücksichtigen, können wir verstehen, warum es mehr Teilnahme, Leben und Freude in den Kirchengemeinden von hier gibt.
Mit anderen Worten übergießt Gott seine rettende Gnade überall. Und sogar dort, wo es keine Kirche aus Mauern gibt, baut Er durch seine Gnade eine Kirche seiner Liebe und der Nächstenliebe. Er lehrt uns, dass die oberste Priorität das Lernen der Liebe und der inneren Selbstwerdung ist.
Ja, so ist es. Wie jemand sagte, ausgehend vom Hl. Apostel Paulus: Wenn es keine Liebe gibt, dann gibt es nichts, und wenn etwas ohne Liebe gäbe, was für ein Sinn hätte es…. Das liebende Werk Gottes kann vom Menschen nur durch Liebe und mit Liebe vermittelt werden. Andernfalls ist es eine Karikatur. Möge Gott uns helfen, in allem, was wir tun, und unabhängig von den äußeren Bedingungen, wirklich zu lieben und entsprechend zu leben!